von Kavitha Rajagopalan
Rezension von Linde Goubert
Muslime werden häufig als homogene Gruppe wahrgenommen und weitgehend mit negativen sozialen Stereotypen assoziiert. Ihnen wird unterstellt, mit Gruppierungen zu sympathisieren, die terroristisch und anti-westlich sind. In Realität aber setzt sich die muslimische Bevölkerung aus Hunderten von ethnischen, linguistischen und religiösen Bevölkerungsgruppen auseinander.
Genau weil die soziale Identität der muslimischen Einwanderern am meisten unter Druck von Missverständnissen und Misstrauen steht, widmet ihnen Kavitha Rajagopalan ihr vorliegendes Buch „Muslims of Metropolis. The Stories of Three Immigrant Families in the West“. Indem sie die Geschichten von drei Familien aus dem Heimatland in das Gastland verfolgt, von der einer zu der anderen Generation, macht sie einen wichtigen Schritt, unser Verständnis der arabischen Diaspora zu personifizieren. Sie skizziert die Erfahrung der Migration, die Adaptation und schließlich die Identitätsbildung im Gastland.
Die erste Familie ist von Palästina nach London gezogen. Die Mitglieder erfahren Schwierigkeiten, sich in der neuen Gesellschaft zurechtzufinden, was Verfremdungsgefühle mit sich bringt. Die zweite Familie stellt sich aus einem kurdischen Bauer, seiner Frau und ihrer Tochter zusammen. Sie versuchen, in Berlin ein neues Leben aufzubauen. Die Tochter ist die erste Frau ihrer Familie, die einen Abschluss an der Universität bekommt. Schließlich verfolgt Rajagopalan die Geschichte eines Mannes und seiner Tochter, die von Bangladesch nach New York ziehen. Die Tochter heiratet einen pakistanischen Mann ohne Aufenthaltsstatus. Anhand der Stimmen und der Worte der verschiedenen Personen weist die Autorin ihre Gründe auf, ihre Heimat zu verlassen, sowie die Herausforderungen, die ihnen im neuen Land begegnen.
Das Buch gliedert sich in drei Teile. Der erste Teil, „Migration und Gedächtnis“, beschäftigt sich mit dem Migrationsprozess der ersten Generation. Es wird darauf eingegangen, wie die Entscheidung zur Migration aus wirtschaftlichen Gründen anfänglich zu Optimismus führte. Je mehr der Einwanderer das Gefühl hat, er hat die Entscheidung zur Migration selber getroffen, desto größer ist die Chance, er umarmt das neue Leben und betrachtet es nicht wie ein Exil. Diese Geschichten der ersten Generation sind, wie der zweite Teil zeigt, entscheidend für die Identitätsbildung der zweiten Generation. Dieser Teil, mit dem Titel „Integration und Identität“, setzt sich mit Integrationschancen und -barrieren in den drei Ländern auseinander. Es zeigt sich, wie wichtig die Familienkultur und nationale Mythen für die zweite Generation sind. Anhand dessen konstruieren sie sich selbst einen Platz in der Gesellschaft. Im dritten Teil geht es um „Verfremdung und Akzeptanz“, und dies betrifft sowohl die Individuen, als auch die Gesellschaft, in der sie leben. Die Familienumzüge fanden in einer Zeit statt, in der die Idee einer Konfrontation zwischen dem Westen und der Islam weit verbreitet war. Das hat neue Herausforderungen und Risiken für die muslimischen Einwanderer mit sich gebracht.
Kavitha Rajagopalan war in der internationalen Entwicklung aktiv und arbeitete als Journalistin in Indien, Deutschland und den Vereinigten Staaten. Während des Schreibprozesses des Buches, das im Rahmen ihres Studiums entstanden ist, wurde ihr deutlich, wie wichtig der emotionale Aspekt für die Integration ist. Ein Individuum braucht das Gefühl, zu einer größeren Gesellschaft zu gehören und die unterschiedlichen Subgruppen der Gesellschaft brauchen das Gefühl einer gemeinsamen Bestimmung.
Kavitha Rajagopalan: Muslims of Metropolis. The Stories of Three Immigrant Families in the West. New Brunswick/New Jersey/London: Universitätspresse, 2008
ISBN: 978-0-8135-4344-4
(Hier veröffentlicht am 20.5.2015)