Ein Kommentar zum „Masterplan Migration“ des Bundesinnenministers
von Bartosz Bzowski
Der am 10. Juli 2018 vorgestellte „Masterplan Migration“ von Bundesinnenminister Horst Seehofer sorgte bereits vor seiner Veröffentlichung für eine handfeste Regierungskrise. Weil dort vorgesehen war, im nationalen Alleingang ohne Absprache mit den europäischen Partnern bestimmte Einreisewillige bereits an der Grenze abzuweisen, legte Bundeskanzlerin Angela Merkel Einspruch ein. Die Vorstellung des Papiers wurde um insgesamt vier Wochen verschoben. In langwierigen Verhandlungsrunden zwischen der CDU und CSU sowie im Koalitionsausschuss mit der SPD wurde diese Passage abgeschwächt, nun ist von „Transitverfahren“ die Rede, um Asylbewerber, für die andere EU-Staaten zuständig sind, dorthin zurückzuführen.
Dass die Verständigung im Koalitionsausschuss vom 5. Juli im Masterplan keinen Eingang gefunden hat, stattdessen dort auf der Basis der Einigung zwischen CDU und CSU vom 2. Juli das Wort „Transitzentren“ aufgeführt ist, stieß auf massive Kritik des Koalitionspartners. Der Innenminister entgegnete, der Masterplan beinhalte den Stand vom 4. Juli, Schritte zur Umsetzung, die erst danach geschehen sind, wurden noch nicht berücksichtigt.
Das eigentliche Problem des Masterplans Horst Seehofers ist ein anderes. Bereits die Präambel erweckt ein Klima der Abschreckung, nicht des Willkommens und Miteinanders. Einwanderern wird durch die Sprache vermittelt, dass sie keine gleichberechtigten Partner seien, sondern vielmehr unerwünscht, höchstens geduldet. Von „Ordnung“ ist die Rede, von „Steuerung“ sowie davon, dass einige ausreisen, unser Land wieder verlassen werden müssen. Was viel zu kurz kommt, ist das Aufführen von Perspektiven, dass Einwanderer auf lange Sicht ein Teil der Gesellschaft werden können, dass sie in Deutschland heimisch werden können.
„Integration“ war in den Anfangsjahren des 21. Jahrhunderts das Zauberwort überhaupt, es stand für die Zukunft der deutschen Bevölkerung in Vielfalt, Toleranz und im Miteinander. Im Masterplan wird mit dem Themenfeld „Integration“ erst auf Seite 19, mit dem Punkt 44 begonnen. Davor steht, wie Migration verhindert wird bzw. welche Migranten unerwünscht sind und wie sie wieder aus Deutschland herausgebracht werden sollen. Aber auch die Hoffnung, wenigstens in diesem Teilbereich des Papiers würden Zuwanderern Perspektiven aufgezeigt, wie sie gleichberechtigte Bausteine des Landes und seiner Gesellschaft werden können, wird nicht erfüllt. Es ist nur von der Pflicht die Rede, an Integrationskursen teilzunehmen, die Sprache zu erlernen, von Mitwirkung und von Sanktionsmechanismen. Immerhin wird das im Koalitionsvertrag vereinbarte Einwanderungsgesetz in Punkt 43 erwähnt.
Sanktionen, Förderung freiwilliger Ausreise, Rückführung. Das ist der Tenor des Masterplans. Einwanderern wird eine Drohkulisse vermittelt, der Eindruck, kaum Rechte, aber ganz viele Pflichten zu besitzen, bei deren Nichterfüllung sie Deutschland wieder verlassen müssen.
Nach der ausführlichen Lektüre des Masterplans bin ich ziemlich ernüchtert. Ein anderes Land wünsche ich mir, ein Land, das die Neuankömmlinge willkommen heißt, ein Land, das ihnen eine echte Chance gibt, bei uns eine neue Heimat zu finden.
Migrapolis Deutschland