Ein Bericht von Victoria Bartetzko
Vom 6. bis zum 17. November 2017 fand in Bonn die UN-Klimaschutzkonferenz COP 23 unter der Präsidentschaft der Insel Fidschi statt. Sie bot nicht nur einen Rahmen, sich mit dem Thema Klimawandel auseinanderzusetzen, sondern auch mit dessen Auswirkungen und Folgen: Allein 2015 flohen 20 Millionen Menschen aus ihrer Heimat – vor Hitzewellen, Stürmen und Überschwemmungen.
Anlässlich des Klimagipfels veranstaltete das Umweltbundesamt in Zusammenarbeit mit dem Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen (BIM) e.V. und dem Theater Bonn am 11.11.17 die Theaterperformance und Diskussion „Auf der Flucht vor dem Klima? STAY“.
Die australischen Künstler Richard Pettifer und Sonja Hornung erarbeiteten zusammen mit Geflüchteten aus Kamerun, Eritrea, Syrien, Afghanistan und dem Libanon die partizipative Theaterperformance „STAY“ zum Thema Klimaflucht.
Mit dem Eintreten in den Eingangsbereich der Werkstattbühne wurden die Gäste sogleich Teil des Stückes: Mit Warnwesten ausgestattet, wiesen Flüchtlinge die Neuankömmlige ein, sie mussten im Wartebereich Platz nehmen, Kontaktbögen in fremder Sprache ausfüllen, Fragen zum Thema Klima beantworten und erhielten einen Willkommenstee. Erst nach dem Prozedere durften die Besucher den Theatersaal betreten, wo sie den afrikanisch-orientalischen Klängen der Musiker Melchi Vepouyoum und Omar Alzoubi lauschten. „Anfangs war ich total überrascht, dass es gleich losgeht und war mir unsicher, wie das jetzt alles abläuft, aber am Ende musste ich schmunzeln: Genau so ging es den Geflüchteten ja auch, als sie nach Deutschland gekommen sind“, berichtete ein Gast im Anschluss an die Performance. Im Saal folgte der nicht-partizipative Teil der Veranstaltung: Anhand von emotionalen Redebeiträgen, dem motorisch ausgeklügelten Spiel mit einem Klapptritt und Gesang stellten sie das Thema Klimaflucht und dessen Implikationen auf berührende Weise dar.
Das Publikum erhielt so einen emotionalen Einstieg auf den informativen Teil mit der Podiumsdiskussion, der von einem Grußwort von Dr. Harry Lehmann, Fachbereichsleiter für Umweltplanung und Nachhaltigkeitsstrategien des Umweltbundesamtes, eingeleitet wurde. Er zitierte die Pariser Verträge, in denen es heißt: „Wir dürfen niemanden zurücklassen.“
Während der Diskussion wurde u.a. erörtert, ob es „den Klimaflüchtling“ überhaupt geben sollte, denn nach der Genfer Flüchtlingskonvention stellen Umweltkatastrophen zur Zeit keinen Fluchtgrund dar. Es gab auch konkrete Beispiele, wie sich der Klimawandel auf gefährdete Staaten wie z.B. Bangladesch auswirkt, die Md Shamsuddoha, Direktor des Center for Participatory Research and Development aus Dhaka, lieferte. Er verhandelt in diesen Tagen selbst auf der Klimakonferenz, und in diesem Zusammenhang fiel auch die Frage der Verantwortung von vulnerablen- und Industriestaaten beim Thema Klimaschutz. Die Diskussion endete mit einem Handlungsappell: Klimaschutz sei nicht allein eine Frage des politischen Handelns. Jeder Einzelne kann seinen Teil dazu beitragen, indem er sein Konsumverhalten anpasst. Es ist wichtig, woher man seinen Strom bezieht oder wo man seine Kleidung kauft. Insbesondere die Flüchtlinge im Publikum applaudierten: “Wir können die Flüsse und Wiesen in Syrien nicht mehr retten, es ist alles zerbombt. Deshalb ist es uns so wichtig zu tun was wir können, um die Umwelt hier zu retten, wir haben noch die Möglichkeit dazu.“
Teilnehmer an der Performance waren:
Issa Al Faraj, Bashar Al Nahhas, Omar Alzoubi, Oukba Diab, Hiba El Nagar, Mostafa Hossaini, Mohammed Kalash,Bashar Omar, Malek Shaheen, Melchi Vepouyoum
Künstlerische Umsetzung:
Richard Pettifer und Sonja Hornung, Performancekünstler
Zeynep Hamaekers, Theaterpädagogin
Grußwort:
Dr. Harry Lehmann, Umweltbundesamt, Fachbereichsleiter für Umweltplanung und Nachhaltigkeitsstrategien
Podiumsdiskussion mit:
Prof. Dr. Walter Kälin, Gesandter der Plattform on Disaster Displacement (früher Nansen-Initiative), emeritierter Ordinarius für Staats- und Völkerrecht an der Universität Bern
Jan Kowalzig, Referent für Klimawandel und Klimapolitik bei Oxfam Deutschland
Peter Ruhenstroth-Bauer, Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe, dem deutschen Partner des
UNHCR
Md Shamsuddoha, Direktor des Center for Participatory Research and Development, Dhaka/Bangladesch
Sophia Wirsching, Referentin für Migration und Entwicklung bei Brot für die Welt
Moderation: Miriam Vogel, Referentin bei der Bundeszentrale für politische Bildung
Gesamtkonzeption/Organisation:
Fotini Mavromati, Kunstbeauftragte des Umweltbundesamtes
Eine Veranstaltung des Umweltbundesamtes in Kooperation mit dem Bonner Institut für Migrationsforschung und Interkulturelles Lernen (BIM) e.V. und dem Theater Bonn
Gruppe Podiumsdiskussion
Fotos: Victoria Bartetzko
Migrapolis Deutschland