Länder und Kulturen

Christlich-orthodoxe Kirchen …

… im einstigen Georgien und heutiger Türkei sowie in Mzcheta, Georgien

von Nino Müntnich

Georgien hat in den letzten Jahrhunderten einige seiner südwestlichen Provinzen an die Türkei verloren. Die Bevölkerung dieser Regionen wurde zur Annahme des Islams gezwungen.

Tao-Klargeti – das kulturell reiche Fürstentum Georgiens, östlich von Trapezunt gelegen, konnte sich nach dem russisch-türkischen Krieg (1768-1774) nicht mehr befreien.

Bis heute existieren in den dortigen Bergen und in schwer unzugänglichen Ebenen Kirchen und Klosteranlagen, teilweise im schlechten Zustand und der Verwitterung überlassen. Die Bevölkerung in den Dörfern spricht noch immer Georgisch, schreiben und lesen kann sie die Sprache allerdings nicht mehr.

Eqvtime Takaischvili (1863-1953), Wissenschaftler, Archäologe und Schatzverwalter des kulturellen Erbes Georgiens, unternahm zwischen 1902 und 1917 mehrere archäologische Expeditionen nach Tao-Klargeti. Er erforschte die dortigen frühchristlichen Kirchen der georgischen Orthodoxie und unter anderem auch das Kloster Ischchani, welches sich in der Provinz Artwin im Kreis Yusufli nahe der Schlucht Oltisi im gleichnamigen heutigen Dorf befindet.

Die historischen Quellen belegen, dass die ursprüngliche Kirche im 7. Jh. erbaut wurde unter Bischof Kalkedoniki Nerse, der 642 Armeniens Katholikos-Patriarch wurde und eine gleiche Kirche wie Ischchani, nämlich Swartnotz in Armenien errichten ließ. Arabische Invasoren zerstörten Ischchani während des Murwan-Angriffs; im 9. Jh. wurde die Kirche wieder errichtet unter Saba Chanzteli, der später dort zum Bischof geweiht wurde. Ischchani ist eine Kreuzkuppelkirche, die westlichen, die südlichen, die nördlichen Arme haben einen rechteckigen Abschluss. Der nach Osten ausgerichtete Arm ist im Vergleich zu den anderen Seiten dreimal länger. Die Apsis ruht auf einer Kolonnade von acht Säulen, diese sind mit reich gestalteten Kapitellen geschmückt. Das Kloster hat zwei Eingänge, sie befinden sich im westlichen Arm. Der Innenraum der alten Kirche ist reich an Fresken und Inschriften.
Vom 16. Jh. bis Ende des 18. Jhs. wurden die Räumlichkeiten des Klosters als Moschee genutzt.

Nicht weniger bedeutsam erscheint die im historischen Tao, nahe zum See Tortum errichtete Kathedrale Oschki. Der Bau wurde 963 bis 973 errichtet. Als Architekt wird Grigol genannt, gebaut wurde sie von den Königen Bagrat Eristaw-Eristawi und David III Kurapalati. Der Grundriss entspricht einem Tetrakonchos, (Länge von Ost nach West 38 m, Breite 36 m, Höhe 40 m). Die Kreuzform ist deutlich erkennbar sowohl innen als auch außen.

Die nördlichen, östlichen und südlichen Arme erscheinen als Apsiden, der westliche hingegen ist rechteckig; neben jeder Apsis befindet sich eine Kammer, dieselbe Komposition wiederholt sich im ersten Stockwerk. Der westliche Arm ist dreimal länger als die drei anderen. Die Kuppel steht auf vier freistehenden Säulen, Interior und Fassade sind mit Ornamenten geschmückt, Fresken in der Galerie im westlichen Arm. Die Bibel von Oschki, die 978 dort geschrieben wurde, wird heute auf dem Berg Athos (Griechenland) aufbewahrt.

Den Höhepunkt der frühchristlichen georgischen Kirchen bildete die Kreuzkirche Dschwari, nahe der früheren Hauptstadt Georgiens Mzcheta. Bereits im 4. Jh. wurde ein Kreuz von der Heiligen Nino auf dem Berg oberhalb von Mzcheta aufgerichtet, als Zeichen des georgischen Christentums.

Guaram Eristawi, Fürst von Kartli, ließ neben dem aufgestellten Kreuz eine Kirche errichten, später vollendete sein Sohn Stepanos I dieses Bauwerk; gebaut wurde von 586 bis 587 und von 604 bis 605. Der Grundriss der Kirche entspricht einem Tetrakonchos, dessen
Arme in vier Apsiden enden. Das weit gespannte Achteck des Zentralraumes wird über ein dreistufiges Trompensystem von einer Kuppel gekrönt. (Pendentifkonstruktionen, der byzantinischen Architektur wurden in der georgischen Architektur erst im 9. und 10. Jh. errichtet.) Die plastische Gestaltung im Inneren wiederholt sich auch Außen. Die Dschwari-Kirche war nicht nur für die georgische Architektur bedeutsam, sondern auch für die armenische, wie die um 618 gebaute Hripsime Kirche in Etschmiadzin zeigt. Grundsätzlich gilt Dschwari als Grundmuster aller folgenden Kirchbauten in Georgien, da sie zu den ersten Kreuzkuppelkirchen (Tetrakonchos) gehörte, und wie die 50 Jahre zuvor errichtete Hagia Sophia hat auch Dschwari richtungsweisende architektonische Ausgangspunkte gegeben.

Die in Tao-Klargeti stehenden georgischen Klöster und Tempel sind wichtige Zeitzeugen für das gesamte Geistesleben Georgiens und der Weltkultur, doch sie sind gefährdet, da sogar die UNESCO Mühe hat, diese Denkmäler aufrecht zu erhalten und zu renovieren.

Fotos und Bildunterschriften


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