Religion und Philosophie

Wir machen das

Evangelische Reaktionen auf Angela Merkels menschliche Regung vom 31. August 2015 „Wir schaffen das“

von Pfarrer Dirk Voos

Als 2015 Hunderttausende Menschen auf der Flucht vor und an den Grenzen Europas feststeckten und nicht weiter konnten, reagierte nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Mitgefühl und Hilfsbereitschaft, sondern auch viele Tausend Menschen in Deutschland und sehr viele bei uns in Bonn und Umgebung. Vielleicht ermutigte diese große Hilfsbereitschaft Frau Merkel zu ihrer Aussage „Wir schaffen das“.

Es gab viele Sach- und Geldspenden, um die nach Deutschland Gekommenen mit dem zum Leben Notwendigen auszurüsten. Die entstehenden Kleiderkammern liefen über mit gespendeten Sachen. Manchmal war es mehr, als sortiert und abgegeben werden konnte. Viele Menschen halfen dazu ehrenamtlich in Kleiderkammern, um möglichst viele zu versorgen. In vielen Kirchengemeinden bildeten sich Helferkreise. Dabei machten viele mit, die gar nicht zu den Kirchengemeinden gehörten. Die Kreise waren meist ökumenisch. Die Hilfe stand im Mittelpunkt, sie vereinte und vereint immer noch ganz unterschiedliche Menschen.

Es wurden Treffpunkte für die Neuangekommenen gebildet, Deutschunterricht, Nachhilfe für die Kinder angeboten und vieles mehr. Einzelne Ehrenamtliche übernahmen Betreuungen und begleiteten Menschen beim Ausfüllen von Formularen, Behördengängen und Kennenlernen des Lebens in Deutschland. Durch diese Begegnungen entstanden enge tiefe Beziehungen, oft Freundschaften. Es stellte sich heraus, dass diese vielen zivilgesellschaftlichen Initiativen einzelner Bürgerinnen und Christeninnen koordiniert und verknüpft werden mussten, um möglichst effektiv zu helfen. Deshalb stellten die Kirchen wie auch andere Hilfsorganisationen Koordinatorinnen ein, die bis heute die Betreuung von Geflüchteten und Migrantinnen sowie das Engagement der Ehrenamtlichen unterstützen und weiterentwickeln wie z. B. auch in der Evangelischen Migrations- und Flüchtlingsarbeit (EMFA) Bonn und im Diakonischen Werk.

Auch jetzt helfen in der Flüchtlings- und Migrationsarbeit noch viele Menschen mit. Sie fragen nicht: Schaffen wir das? Sie machten und machen, wie auch ein Projekt der Evangelischen Kirche in Bonn 2019 feststellte. Unter dem Motto „Wir machen das“ wurde gesammelt, was zur Integration von Geflüchteten und Migrant*innen in Bonn zu tun sei und was wir, jede und jeder Einzelne, aber auch die Kirche und Staat tun können und sollten. In einer „Bonner Erklärung zur Flüchtlingsfrage“ fasste die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Bonn am 15.06.2019 diese Impulse zusammen. Die Synode appellierte und lud zur gemeinsamen Aufgabe ein, Flüchtlingen Schutz zu bieten und mit ihnen unsere Gemeinschaft zu gestalten. Sie stellte sich hinter die Aufnahme Geflüchteter in unsere Gesellschaft sowie das Engagement der Helferinnen und Helfer. Es ist weiter sinnvoll, diesen Anregungen entsprechend weiterzumachen und zu zeigen, wieviel wir zusammen schaffen können. Nicht zögern, sondern machen, was geht. Im Vertrauen auf Gottes Unterstützung und Segen, aus der Erfahrung, dass, sobald man anfängt, mehr möglich ist als gedacht.

Migrapolis Deutschland