Fünf Jahre ist es mittlerweile her, seit am 31. August 2015 Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Bundespressekonferenz ihren berühmten Satz „Wir schaffen das“ sprach. Damit hat sie gemeint, die große Anzahl an Flüchtlingen, die damals nach Europa in Richtung unserer Grenzen strömte, aufzunehmen und auch zu integrieren. Am 4. September wurden die Grenzen geöffnet, und in der Folge kamen mehrere Hunderttausend Menschen ins Land. Deutschland stand vor einer immensen Herausforderung, diese hohe Anzahl von Zuwanderern zu beherbergen. Dennoch waren wir als Land weder strukturell noch emotional darauf vorbereitet. Für uns alle war das eine neue und ungewohnte Situation, in so kurzer Zeit so viele Neuankömmlinge unterzubringen. Jetzt, fünf Jahre später, stellt sich die Frage: „Haben wir es geschafft?“
Die Frage, ob wir „es geschafft“ haben, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Viele Aufgaben sind bewältigt worden, unser Land hat wertvolle Menschen gewonnen, die sich in der Gesellschaft ehrenamtlich engagieren oder das Arbeitsleben bereichert haben. Dennoch ist Integration als Prozess ein Langstreckenlauf, kein Sprint. Durch diese unerwartete Zuwanderung kamen neue Fragen auf, auf die nicht nur die Politik, sondern wir alle Antworten suchen müssen. Zu Recht werden von einigen Teilen der Gesellschaft Konfliktfelder benannt, zum Beispiel religiöser Fanatismus, Kriminalität und Bildung von Parallelgesellschaften. Dies wird von rechtsradikalen Parteien wie der AfD instrumentalisiert, um die Spaltung der Gesellschaft zu vertiefen. Dies dürfen wir nicht zulassen.
Kurzum kann man zusammenfassen, dass wir in den letzten fünf Jahren viel geschafft haben. Aus den Hauptherkunftsländern wie Afghanistan oder Syrien hat etwa ein Drittel der Asylbewerber ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, 2015 betrug die Quote rund 18 Prozent. 55.000 Menschen aus den acht häufigsten Herkunftsländern haben ein Ausbildungsverhältnis, 2015 waren es noch 6.600 Auszubildende. Mehr als 3.700 neu immatrikulierte Studierende an deutschen Hochschulen haben einen Fluchthintergrund. Laut einer repräsentativen Umfrage unter Geflüchteten von 2017 haben etwa 50 Prozent von ihnen einen Integrationskurs besucht oder abgeschlossen. Mittlerweile ist die Zahl noch höher.
64 Prozent der Flüchtlinge haben laut einer Umfrage einen mittleren oder weiterführenden Schulabschluss. Doch jeder fünfte Geflüchtete hat lediglich die Grundschule oder keine Schule besucht. Hier ist es wichtig, dass auch diesen Zuwanderer durch gezielte Fördermaßnahmen eine Perspektive bekommen, damit sie nicht auf der Strecke bleiben.
Die Zahlen allen sagen nicht alles. Wichtig ist, dass diese Menschen wirklich hier ankommen und angenommen werden. Der überwältigende Teil der Gesellschaft sieht die Entwicklung als positiv an. Doch bereitet uns der Aufstieg rechtsradikaler Parteien ebenso Sorge wie der Anstieg rassistisch motivierter Gewalt gegen Zuwanderer. Oft wird Migration als Problem gesehen und ihre positiven langfristigen Folgen zu wenig betont. Wir dürfen nicht aufgeben, weiterhin daran zu arbeiten, dass die Geflüchteten hier ein neues Zuhause finden.
Es liegt noch ein weiter Weg vor uns. Die Hauptaufgabe in den nächsten Jahren wird sein, die Kinder und Jugendlichen, die sich jetzt in Schule oder Ausbildung befinden, beim Übergang ins Erwachsenenleben zu begleiten. Wir haben schon viel geschafft, aber nachlassen dürfen wir nicht.
Redaktion Migrapolis Deutschland