Literatur

The Group – eine Band- und Bandengeschichte von Alpan Sagsöz

Alpan Sagsöz – The Group: Die coolste Band vom Bosporus |

Buchrezension von Christian Kühn

Kater Muso (Geige, Klavier, Keyboard) und Hund Ömer (Bongos, Saxophon) wollen raus aus den Hinterhöfen und Armenvierteln der Millionenstadt Istanbul, wo jeder Tag auf den Straßen zwar einen „überquillenden Sack voller Abenteuer“ bereithält, aber auch das tägliche Überleben auf dem Spiel steht. Ein Musik-Wettbewerb im Fernsehen – TheGroUp sucht die beste Band der Stadt – scheint ihnen die Chance ihres Lebens zu bieten … wenn die zwei nur eine wirkliche musikalische Band wären. Verstärkung (zahlenmäßig und musikalisch) muss her! Taube Betty (Gesang), „Neuzuflug“ aus Dresden, und Mäuserich Milli (Piccoloflöte, Schlagzeug) stehen bereit, doch die Chemie in der neuen Formation läßt anfangs zu wünschen übrig (kennen wir das nicht auch aus der Welt der Zwei-Hand-Wesen = Menschen?).

Ja, musikalische Bands und Banden haben so einige Gemeinsamkeiten. Da gibt es dauernd interne Streitigkeiten über die „Bestimmerrolle“, da sind Hierachiekämpfe an der Tagesordnung, da gibts Neid, und nicht Jede(r) ist des Anderen wirklicher Freund*in. Bands und Banden sind ein Zusammenschluß, sie müssen sich mitunter zusammenraufen, um ans Ziel zu gelangen!

Das Ziel ist klar: Sieger bei TheGroUp zu werden!! Ein leichter Hauch von Eurovision Song Contest (ESC) oder Deutschland such den Superstar (DSDS) durchweht die Geschichte. Schon in der Vorrunde erwartet TheGroup – so der Bandname von Muso, Ömer, Betty und Milli – härteste Konkurrenz. Mit J34 ausgerechnet noch die Erzfeinde von Muso und Ömer, der übrigens vor langer Zeit einmal zu ihnen gehörte, dann aber im Streit die Bande verließ. Psycho-Spielchen unter den Konkurrenten vor dem Auftritt gehören dazu, ebenso Lampenfieber und machtbewußte Juroren (Dieter Bohlen lässt grüßen!).Doch, o Wunder, TheGroup erhalten den roten Zettel, sie sind eine Runde weiter!

Wie vielfach im Leben lässt das die Gegner nicht kalt. J34 schlägt zurück und entführt Ömer, um alte Rechnungen zu begleichen: Er soll per Container nach Köln verschifft werden (der Stadt am Rhein werden in dieser Geschichte keine Lobeshymnen gesungen!). Zeitgleich meistern TheGroup notgedrungen nur zu dritt ihren nächsten Wettbewerbs-Auftritt und qualifizieren sich für das Finale. Vier Bands singen und spielen um den Sieg, darunter die gefürchteten J34!

Doch am Finaltag entscheiden sich Muso, Betty und Milli für die Rettung von Ömer aus seinem Container-Gefängnis und gegen Sieg und Ruhm. „Alle für Einen und Einer für alle“ ist ihr Credo! Da kann ruhig J34 das Finale gewinnen, TheGroup ist mit 4 Millionen Klicks der „Gewinner der Herzen“ und Bandmanager Ratte Joe weiß ohnehin wie das Business tickt und sich Sympathie wirkungsvoll vermarkten lässt!

Fazit: The Group ist eine Mischung aus Fabel (sprechende Tiere), Märchen (die Bremer Stadtmusikanten lassen grüßen), Großstadtstudie (mit eingewebten gesellschaftspolitischen Hintergründen wie Armut, Abriss alter historischer Viertel, die Luxus-Appartments weichen müssen, sozialen Randgruppen, um die sich niemand zu kümmern scheint, Kinderbanden, die rücksichtslos „Jagd“ auf streunende Tiere machen, Müllproblemen etc.) und modernem Showformat (TV getrimmt und „eiskalt“ serviert), in der am Ende doch die Freundschaft (das Herz) gewinnt.

PS.: Wer zwischen den Zeilen zu lesen vermag, sollte sich einmal mit der Stadt Istanbul näher befassen.

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